Bad Nenndorf/Hamburg (ots)
In den ersten knapp sieben Monaten des Jahres 2023 sind mindestens 192
Menschen in deutschen Gewässern ertrunken. Das sind 21 Personen weniger
als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr (Stichtag 25. Juli). „Der
Sommer macht nun schon eine längere Pause. Andernfalls läge die Zahl
der Ertrunkenen sicher nahe der des Vorjahres“, sagte die Präsidentin
der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Ute Vogt, am
Donnerstag (3.8.) in Hamburg.
Insgesamt 123 Menschen kamen seit
Beginn der Badesaison Anfang Mai im Wasser ums Leben, 13 weniger als im
Vergleichszeitraum 2022. „Wie schon vergangenes Jahr lockte ein sehr
warmer Mai bereits viele Wassersporttreibende und Badende an die
Gewässer. Hierbei kam es wieder zu vielen Unfällen in den noch kühlen
Gewässern“, erklärte die Präsidentin der DLRG. Im Mai ertranken 32
Frauen, Männer und Kinder (2022: 30).
Meiste Unfälle in Flüssen und Seen
Die Mehrzahl aller Unfälle ereignet sich weiterhin im Binnenland,
mehrheitlich an nicht bewachten Gewässern. In Freigewässern wie Flüssen
und Seen ertranken 179 Menschen; das entspricht 93 Prozent aller Fälle.
Während in Seen mit 75 Todesfällen deutlich weniger Unglücke zu
verzeichnen waren (2022: 93), blieb die Anzahl in Flüssen konstant
(2022: 66, 2023: 68). In Kanälen starben mit 17 Personen acht mehr als
im Vorjahreszeitraum. Allein im Juni fanden vier Männer im
Dortmund-Ems-Kanal den Tod. „Ob Flüsse oder Kanäle: Die Schifffahrtswege
sind besonders gefährlich und unbedingt zu meiden“, appelliert Ute
Vogt.
In Nord- und Ostsee kamen bisher neun Menschen ums Leben,
vier mehr als im Vorjahr. Dort bewachen zumeist ehrenamtliche
Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer zwischen Mai und September
an sieben Tagen in der Woche viele Strände. Auch in Schwimmbädern (4)
kamen Personen zu Tode.
Vier von fünf aller Ertrunkenen sind
männlich (79 Prozent). Nahezu jede zweite verunglückte Person (44
Prozent) war älter als 50 Jahre, acht waren Kinder im Vor- und
Grundschulalter (2022: 10). Zwölf tödliche Unfälle verzeichnete die DLRG
bei Wassersportaktivitäten wie Stand-up-Paddling und Boot fahren.
Rettungsschwimmer oft im Einsatz
„Die Zahl der Ertrunkenen wäre noch höher, wenn Rettungsschwimmerinnen
und Rettungsschwimmer nicht auch immer wieder zur Stelle wären“,
berichtete der Leiter Verbandskommunikation im DLRG Präsidium, Frank
Villmow. Gleich zu zahlreichen Rettungen an wenigen Tagen sei es an
verschiedenen Orten an der Ostsee gekommen, darunter in der Lübecker
Bucht und in Graal-Müritz bei Rostock. „Bei besonderen
Witterungsbedingungen entstehen dort binnen kürzester Zeit starke
Strömungen, die vor allem für Ungeübte und Nichtschwimmer
lebensgefährlich sind“, sagte Villmow. Die Warnungen der Retter durch
das Setzen der gelben oder gar roten Flagge an ihren Türmen würden nach
wie vor häufig nicht beachtet. Oft handele es sich bei den Geretteten um
Kinder und Jugendliche. Villmow: „Erst letzte Woche bewahrte eine junge
Retterin in Grömitz ein sechsjähriges Mädchen, das allein im Wasser
war, vor dem Ertrinken. Eltern sollten jedoch immer bei ihren Kindern
sein, wenn diese nicht schwimmen können.“ Die Aufsichtspflicht lasse
sich nicht an die Badeaufsicht delegieren, weder am Strand noch im
Schwimmbad. Im vergangenen Jahr retteten die ehrenamtlichen
Einsatzkräfte der DLRG 1.307 Menschen das Leben.
Größere Anstrengungen für die Wassersicherheit gefordert
Den Blick in die Zukunft gerichtet, befürchtet DLRG Chefin Ute Vogt,
dass der Aufenthalt am Wasser unsicherer wird. Durch die Pandemie
bedingt sei der Anteil der Kinder, die nicht schwimmen können, nochmals
deutlich gestiegen. Darüber hinaus konnten die Lebensretter zeitweise
weniger Rettungsschwimmer ausbilden. „Ein riesiges Problem“ sei neben
dem hohen Sanierungsbedarf der Fachkräftemangel für die
Schwimmbadlandschaft. Beides müsste schnell angegangen und dauerhaft
gelöst werden. „Auch wenn es zuletzt eher kühl und nass war: Der
Klimawandel wird uns künftig in der Tendenz mehr Sommertage bescheren,
womit das Unfallrisiko an den Gewässern steigt“, so Vogt. Dieser
Zusammenhang sei erwiesen. Eine „flächendeckend umfassende
Schwimmausbildung“ sei hier die beste Unfallverhütung. Zudem brauche es
noch mehr Aufklärung über Gefahren, insbesondere der Gruppen, die
besonders häufig von Ertrinken betroffen sind. Und mit jedem
geschlossenen Schwimmbad gehe nicht nur eine „potenzielle
Ausbildungsstätte verloren“, sondern auch ein „sicherer Ort zur
Abkühlung an heißen Tagen.“
Über die DLRG
Die DLRG
als private Wasserrettungsorganisation hat es sich zur Aufgabe gemacht,
Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Hierfür klären ihre ehrenamtlich
Aktiven über Wassergefahren auf, bringen Menschen das Schwimmen bei und
bilden sie im Rettungsschwimmen aus. Zudem wachen mehr als 42.000
Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer jährlich über 2,5 Millionen
Stunden über die Sicherheit von Badegästen und Wassersportlern. Sie
engagieren sich darüber hinaus in der örtlichen Gefahrenabwehr und
bilden Einheiten der über 100 DLRG Wasserrettungszüge für den
Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Die DLRG zählt derzeit rund
580.000 Mitglieder. Mehr als 1,3 Millionen Förderinnen und Förderer
unterstützen die lebensrettende Arbeit mit Spenden. Schirmherr ist
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.