Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Daniel Keip zu seiner Wahl zum künftigen Oberbürgermeister zu gratulieren. Ich denke, ich spreche auch in seinem Sinne, wenn ich feststelle, dass wir auf einen insgesamt fairen Wahlkampf mit allen Kandidatinnen und Kandidaten zurückblicken können.
Das gilt auch für die letzten beiden Wochen. Und klar ist: Wahlen sind für die Bürgerinnen und Bürger gemacht. Sie beurteilen, sie entscheiden und sie haben entschieden. Das nehme ich zur Kenntnis, und das akzeptiere ich. Das gehört zur Demokratie.Natürlich führt ein solches Ergebnis dazu, dass man seine eigenen Entscheidungen, das Handeln im Rathaus und die Arbeit der Verwaltung noch einmal reflektiert. Das habe ich häufig getan. Wir haben Prozesse geprüft, nachgesteuert, korrigiert, wo es möglich war. Manchmal geht das – manchmal nicht.
Aber: Zu seinen Entscheidungen muss man stehen, auch wenn Rahmenbedingungen unpopuläre Entscheidungen notwendig machen.
Lassen Sie mich kurz vor dem Jahresende und auch, weil es in der aktuellen Situation aus meiner Sicht geboten ist, einen kleinen Rückblick machen.
Ich halte das für beachtenswert, was wir hier im aktuellen Jahr und auch schon davor gemacht haben. Unsere Voraussetzungen und Standortbedingungen sind gut, darauf lässt sich aufbauen. Dessen müssen wir uns bewusst sein, wenn wir Selbstbewusstsein haben wollen.
Die letzten Jahre und die Gegenwart brachten besondere Herausforderungen mit sich. Wir alle wissen das. Corona, Energiekrise, Inflation, Lieferengpässe, Planungsstaus. Wir konnten oft nur auf Sicht fahren. Das ist die Wahrheit dieser Zeit.
Die Statik mehrerer Brücken und die Probleme mit dem früher dort verbautem Spannstahl beschäftigen uns weiterhin. Auch die Alterungsprozesse in anderen Bauweisen erzeugen neuen Handlungsdruck in unserer Infrastruktur. Wir sind nicht immer Bauherr – aber die Brücken stehen hier in unserer Stadt. Die komplizierten und keineswegs entbürokratisierten Planverfahren halten nicht nur uns, sondern ebenso den Landesbetrieb Straßenwesen massiv auf.
Umso erleichterter bin ich, dass wesentliche Projekte – die Potsdamer Straße, die Bahnüberführung Wust und die Brücken am Altstädtischen Bahnhof – inzwischen auf den Weg gebracht und begonnen wurden.
Noch dauern die Projekte an, aber ein Ende ist für uns damit planbarer und erste Termine für die Verkehrsfreigabe wurden genannt.
All die Unwägbarkeiten haben es uns allen, auch Ihnen in der Stadtverordnetenversammlung, nicht leicht gemacht, Brandenburg an der Havel voranzubringen. Und trotzdem: Wir haben viel geschafft!
Wir haben die Corona-Krise bewältigt. Wir haben Geflüchteten – vor allem denen aus der Ukraine – Schutz und Hilfe gegeben. Wir haben die Energieversorgung stabil gehalten und die Fernwärmeversorgung erneuert und verbilligt. Wir haben die Inflation im städtischen Haushalt bisher gut überstanden. Wir haben den Schuldenberg der Stadt abgetragen.
Wir haben die Medizinische Hochschule ausgebaut – es wird mehr Medizinstudenten ab dem Sommersemester 2026 geben – und wir haben die MHB ergänzt um die neue Fakultät Zahnmedizin und die neue Zahnklinik. Wir haben das Klinikum stabilisiert und zum Universitätsklinikum weiterentwickelt.
Wir haben Kindergärten und Schulen saniert und unsere Schulen vollständig digitalisiert. Wir haben neue Schulstandorte entwickelt und bestehende erweitert. Dafür stehen die Errichtung der neuen Oberschule in der Caasmannstraße und die Erweiterung dieses Schulstandortes sowie die Planungen für einen neuen Schulcampus am Wiesenweg. Für unsere Jüngsten wurde ein neues Hortgebäude in der Hammerstraße errichtet.
Wir haben neue Wohnstandorte wie in Neuschmerzke, Gollwitz und in der Innenstadt begleitet und die Feuerwehr sowie das Rettungswesen kräftig modernisiert.
Wir haben Bürgerdialoge fortgeführt, den Bürgerhaushalt weiterentwickelt und einen Bürgerwald geschaffen.
Wir haben Kinder- und Jugendsprechstunden etabliert, Kultur auf dem Marienberg gefördert und großen Sport auf der Regattastrecke erlebt.
Und wir träumen gemeinsam mit Berlin weiterhin von Olympia 2040 oder 2044. Darauf komme ich etwas später noch einmal zurück.
Wir haben das ÖPNV-Angebot verbessert, mit besseren Takten, längeren Umläufen und zusätzlichen Zugverbindungen nach Berlin. Wir haben touristische Strahlkraft erhalten und können seit Jahren einen kontinuierlichen Bevölkerungszuwachs verzeichnen. 2015 hatten wir 71.500 Einwohner. Aktuell 2025 sind es rund 74.300 und damit etwa 3.000 Einwohnerinnen und Einwohner mehr in den letzten 10 Jahren, so dass wir den vielzitierten Durchschnitt von plus 300 pro Jahr damit belegt sehen.
Wir haben erfolgreiche Ansiedlungen erreicht: das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten, das neue THW-Ausbildungszentrum und weitere Unternehmen, die den Wirtschaftsstandort stärken.
Wir haben großartige, aus der Bürgerschaft gewachsene Ideen wie das Bergfest und den Weihnachtzauber unterstützt.
Auch unsere Wirtschaft zeigt sich robust. Unsere kommunalen Unternehmen sind stabil. Die großen Industriebetriebe stehen unter Druck, aber es drohen keine mittelfristigen Negativszenarien.
Unsere Gewerbesteuereinnahmen sind solide.
Ich habe kürzlich auch wiederholt das Stahlwerk besucht. Die Unternehmensleitung bekennt sich klar zu Brandenburg, fordert aber Unterstützung der Bundesregierung, insbesondere beim Strompreis und Schutz vor unfairem Wettbewerb aus Asien.
Das zeigt: Wir müssen die Rahmenbedingungen für unsere Industrie weiter im Blick behalten und stärken damit auch den Wirtschaftsstandort Brandenburg an der Havel.
Wir stehen auch im Haushalt insgesamt gut da. Heute soll über den geprüften Jahresabschluss 2023 entschieden werden. Der Jahresabschluss 2024 ist aufgestellt und dem RPA zur Prüfung übergeben worden.
Für den Haushaltsvollzug 2025 wird ein deutlich besseres Ergebnis als geplant prognostiziert. Sie erinnern sich: Im Plan mussten wir ein Defizit von 33,8 Mio. EUR ausweisen. Aktuell rechnen wir mit einem um 15 Millionen Euro besseres Ergebnis. Das heißt, das Defizit liegt voraussichtlich bei 18,8 Millionen Euro. Dieses Defizit können wir vollständig aus Rücklagen ausgleichen.
Aber wissen Sie, was wir nicht konnten – und auch in den vergangenen Jahren nicht konnten? Wir konnten aus den laufenden Überschüssen zwar die Schulden reduzieren, aber wir konnten daraus keine zusätzlichen Investitionen finanzieren, weil haushaltsrechtliche Vorgaben dagegenstanden. Dafür wäre notwendig gewesen, dass keine kurzfristige Verschuldung besteht und im Finanzhaushalt aus laufender Verwaltungstätigkeit bereits Überschüsse eingeplant sind. Beides musste kumulativ erfüllt sein – und beides war nicht gegeben.
Darum sage ich es deutlich. Die Behauptung, von der ich nun wieder gelesen habe, wir hätten lieber investieren als entschulden sollen, ist fachlich falsch. Das klingt zwar populär, ist aber unter geltendem Haushaltsrecht unmöglich und daran ändern auch OB-Wahlen nichts.
Trotz der engen gesetzlichen Grenzen haben wir investiert, wo immer es möglich war. Wir haben Schulen und Kitas und Sportanlagen saniert.
Wir haben kommunale Straßen und Wege saniert, Radwege gebaut und die neue Querung über die Plane errichtet. Leider noch nicht abgeschlossen ist die Freigabe des danebenliegenden Bahnübergangs – der nicht unserer ist. Aber ich bin hoffnungsvoll, dass das Trauerspiel in Kürze ein Ende hat, denn alle Planunterlagen liegen geprüft der DB und dem Eisenbahnbundesamt (EBA) vor.
Da ja immer gesagt wird, wir hätten in unserer kommunaler Zuständigkeit für die Infrastruktur zu wenig getan – nachfolgend einige Beispiele für Sanierungen, die man scheinbar nur zu schnell vergisst: Schulstraße, Schlossallee, Prignitzstraße, Zufahrt zur Malge, Schmöllner Weg, Straße von Mahlenzien nach Wenzlow, Rathenower Landstraße, August-Bebel-Straße und Fontanestraße bis zur Spittastraße, Willi-Sänger-Straße, Anton-Saefkow-Allee, Mittelweg, Birkenweg, Binsenkute, Breites Bruch.
Dazu kommen weitere Maßnahmen der Verkehrsbetriebe, der Stadtwerke und der BRAWAG, die für unsere Verkehrs- und Versorgungsnetze wichtig waren und sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
das Projekt „Planebrücke“ hat die Verwaltung im Zeit- und Kostenplan umgesetzt – zu schnell für andere Beteiligte, wie wir leidvoll erfahren mussten. Und wenn wir dann neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich zu denen gefunden haben, die all diese Projekte umsetzen, dann geben wir ihnen doch bitte eine Chance, sich an den Projekten zu beweisen. Jedenfalls vergraulen wir sie doch nicht.
Wir sehen mit Blick in die Online-Ausgabe der Tageszeitung, dass dort ganz aktuell über einen Neuzugang in der Bauverwaltung berichtet wird und gleichzeitig die Frage aufgeworfen wird, ob er weiß, was er sich da antut?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Vertreterinnen und Vertreter der Medien, das geht doch wohl besser!
Muss so eine Stimmungsmache wirklich sein? Ich habe mich all den Themen immer öffentlich gestellt, erklärt und wieder erklärt. Das war nicht leicht. Und ich bin gespannt, wer das künftig in ähnlichen Situationen übernehmen wird.
Ich habe ganz gewiss nicht immer alles richtig gemacht. Aber ich stehe vor meiner Verwaltung – und das gehört sich so. Wenn Kritik geäußert wird, dann bitte ich darum, dies mit Respekt zu tun.
Respekt vor denen, die mit der DB verhandelt haben. Respekt vor denen, die unzählige Anfragen beantworten. Respekt vor denen, die jeden Handlungsspielraum genutzt haben. Respekt vor denen, die Alternativen wie den Sandfurthweg längst geprüft haben; dazu bedarf es keiner Anfragen.
Auch wenn die Wahl entschieden ist und meine Amtszeit im März endet. Ich werde in den kommenden drei Monaten weiter mit voller Kraft arbeiten. Das ist meine Pflicht, und das ist mein Anspruch.
Und es liegt noch viel vor uns: wichtige Gebührensatzungen, Haushaltsentscheidungen, laufende Infrastrukturprojekte, Personalentscheidungen und Weichenstellungen für die kommenden Jahre.
Ich werde bis zum letzten Tag im Rathaus alles dafür tun, dass diese Stadt gut aufgestellt bleibt – verantwortungsvoll, zuverlässig und in stabilem Fahrwasser.
Brandenburg an der Havel liegt mir am Herzen. Das wird sich auch nach dem Ende meiner Amtszeit nicht ändern.
Auch mit dem Blick über die Stadtgrenzen hinaus, sind wir weiter gefragt – in den kommenden Wochen und in den kommenden Monaten. Deutschland und der DOSB stehen vor einer wichtigen Entscheidung. Der DOSB will bis Herbst 2026 ein Konzept auswählen, mit dem sich unser Land wieder um Olympische und Paralympische Spiele bewerben will.
Die Bewerber‑Städte beziehungsweise -Regionen haben ihre Konzepte bereits im Mai 2025 eingereicht und nun die erste Auswahlstufe erfolgreich durchlaufen. Aber die aktuell voröffentliche Umfrage zeigt: Eine große Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner steht der Idee einer Olympiabewerbung kritisch gegenüber.
Als Vertreter einer kleineren Partnerstadt, die dennoch fest in der Region verankert ist, möchte ich zu dieser Diskussion Stellung nehmen. Brandenburg an der Havel steht – das hat der einstimmige Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 28.05.2025 gezeigt – voll hinter der Olympiabewerbung Berlin+. Unsere Stadt verfügt mit der Regattastrecke über eine international anerkannte Wassersport-Infrastruktur und könnte einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen eines solchen Projekts leisten. Wir sind bereit, diese Verantwortung aktiv zu tragen und unsere Stärken einzubringen.
Der olympische Gedanke ist für unsere Gesellschaft von großer Bedeutung. Das Streben nach Höchstleistungen, der Mut zu träumen, die Freude am Erbringen von Spitzenleistungen – all das sind Werte, die unsere Gesellschaft dringend braucht. Diese Werte motivieren Menschen, inspirieren junge Talente, fördern Teamgeist und Zusammenhalt und stärken die Gemeinschaft vor Ort.
Spitzensport und Breitensport gehören zusammen. Was auf internationalem Niveau erreicht wird, inspiriert und belebt Vereine, Schulen und die gesamte Region.
Politik und Verwaltungen verfolgen solche Konzepte nicht zum Selbstzweck, sondern um Entwicklungsschübe für Städte und Regionen zu erzeugen, nachhaltige Impulse zu setzen und Chancen für Wirtschaft, Infrastruktur und Sport zu schaffen.
Deshalb rufe ich die Berlinerinnen und Berliner eindringlich auf: Sehen Sie die Chancen, die vor uns liegen. Lassen Sie uns gemeinsam diese einmalige Möglichkeit nutzen, unsere Städte und unsere Region zu entwickeln, den olympischen Geist zu leben und Deutschland international positiv zu präsentieren.
Brandenburg an der Havel steht bereit – als Partner, als Gastgeber und als Mutterstadt Berlins.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle: © Stadt Brandenburg an der Havel / Th. Messerschmidt